Projekte

Mal eben zum Arzt, Bildung für alle, sauberes Trinkwasser - was für uns selbstverständlich ist, gehört für die Menschen in Ruanda noch immer nicht zum Alltag. Fernab der Schlagzeilen hier in Europa leben die Menschen dort in vielen Dörfern noch immer ohne sauberes Trinkwasser, regelmäßige Elektrizität oder gesundheitliche Versorgung. Es geht dort für den Großteil der Familien Tag für Tag ums Überleben. Wir wollen genau da anpacken, wo Hilfe dringend notwendig und ausbaufähig ist. Deshalb arbeiten wir an den drei Grundsäulen, die für ein gutes Leben notwendig sind: Gesundheit, Bildung und Infrastruktur.
















Bildung

Ruanda ist ein außergewöhnliches Land mit viel Potential, Mut und Zusammenhalt. Sein größtes Potential liegt in der heranwachsenden Jugend – beinahe die Hälfte der Bevölkerung ist unter 14 Jahre alt. Dieser viel versprechende Umstand hat seinen Ursprung in der traurigen Vergangenheit des Landes. Durch den Genozid 1994 an den Tutsi und Teilen der Hutu verlor Ruandas Bevölkerung eine komplette Generation.

Darum ist die kommende Generation Ruandas größter Schatz, sie wird die Zukunft des Landes prägen. Mit der offiziellen Schulpflicht legt die Regierung bereits eigenständig das Fundament für Bildung und Entwicklung. Ausbildung und Studium sind jedoch für die Mehrheit der Bevölkerung unerreichbar. Viele der Kinder und Jugendlichen müssen durch ihre Mitarbeit einen Teil zum Lebensunterhalt der Familie beisteuern. Studiengebühren und der Erwerbsausfall, der den Familien während der Schulzeit entsteht, sind für sie klare Argumente gegen den Beginn einer Lehre oder den Besuch einer weiterführenden Schule.

Der Umgekehrte Generationenvertrag (UGV)

L'appel Deutschland möchte den Aufbau, den die Bevölkerung bereits beginnt, unterstützen und den Zugang zu Bildung und Entwicklung für junge Erwachsene erleichtern. Mit dem Stipendienprogramm des „Umgekehrten Generationenvertrags“, kurz UGV, soll jedem Kandidaten der Abschluss einer Ausbildung oder eines Studiums ermöglicht werden. Mit Hilfe der finanziellen Unterstützung eines Paten aus Deutschland, bekommt jeder Stipendiat die Chance seine Fähigkeiten zu entwickeln und seinem Berufswunsch frei nachzugehen.

Die erfolgreichen Absolventen zahlen die erhaltene Unterstützung zurück – jedoch nicht an den Förderer, sondern an einen Kandidaten der nachfolgenden Generation. Die vertraglich festgelegten Rückzahlungen werden sozialverträglich und einkommensabhängig gestaltet, sodass den Absolventen der Weg in ein freies und selbstbestimmtes Leben trotz finanzieller Verpflichtungen möglich bleibt.

Im Unterschied zu punktuellen oder kurzzeitigen Stipendien sorgt das Konzept des UGVs für eine breite und nachhaltige Hilfestellung im Aufbau einer bildungsstarken und zukunftsorientierten Gesellschaft. Durch die Weitergabe der erhaltenen Förderung trägt sich das Programm nach einem anfänglichen Anstoß von alleine und lässt ein wertvolles Netzwerk unter Universitäten, Stipendiaten und Förderern entstehen. Auf dieser Grundlage können aus der Bevölkerung heraus neue Ideen, Visionen und Projekte wachsen, die das Land nach den Bedürfnissen und Vorstellungen seiner Einwohner formen. Der „Umgekehrte Generationenvertrag“ als Teil des Drei-Säulen-Konzepts steht sinnbildlich für L'appel Deutschlands Philosophie einer „Entwicklungshilfe 2.0“.

Inspiriert wurden wir übrigens vom "Umgekehrten Generationenvertrag" der StudierendenGesellschaft an der Universität Witten/Herdecke. ("Studierendengesellschaft" als Link zu: http://sg.blog.uni-wh.de/)



Infrastruktur

Brunnenbau und Solaranlagen

Ruanda liegt im Osten Afrikas, besitzt zehn Millionen Einwohner und ist ungefähr so groß wie Rheinland-Pfalz. Das „Land der tausend Hügel“ wird stark durch seine Agrarwirtschaft geprägt und zeichnet sich landschaftlich durch seine grünen Anhöhen aus, die in viele, kleine Anbauflächen mit unterschiedlichen Kulturpflanzen unterteilt sind. Die häufigen Regenfälle sind typisch für das Gebiet und machen das Ackerland sehr fruchtbar. Mehr als 90% der Bevölkerung arbeiten direkt in der Landwirtschaft oder in der verarbeitenden und vermarktenden Industrie. Trotz der hohen Beschäftigungsrate lebt die Hälfte der ruandischen Bevölkerung von weniger als einem US-Dollar am Tag. Sauberes Trinkwasser, Strom und der Zugang zu Sanitäreinrichtungen sind besonders in den ländlichen Gebieten noch immer sehr begrenzt.

L'appel Deutschland fördert die Grundversorgung mit Strom und Trinkwasser in der Region um Kiruhura. Damit wird nicht nur die Lebensqualität gesteigert, sondern auch der Weg für Arbeit, Industrie und Entwicklung geebnet. Brunnenbau, Solaranlagen und der Anschluss an das öffentliche Stromnetz sind dabei sehr wichtige Projekte. Außerhalb der Landwirtschaft gibt es nur wenige alternative Tätigkeitsfelder. Die hohe Besiedlungsdichte und das jährlich hohe Bevölkerungswachstums lassen die Landreserven immer knapper werden. Um den Menschen vor Ort eine Perspektive außerhalb der Landwirtschaft zu bieten, initiiert L'appel Deutschland mit kleinen Projekten den Aufbau einer noch zarten Ökonomie in der Umgebung Kiruhuras. Durch Spenden finanzierte Nähmaschinen und Ausbildungen zur Schneiderin konnte bereits einen kleine, unabhängige Kleidungsindustrie entstehen. Mit Hilfe des Umgekehrten Generationenvertrages bekommen die Stipendiaten vor Ort die Chance, sich weiter zu bilden und einen Beruf außerhalb der Agrarwirtschaft zu ergreifen.



Gesundheit

Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen – das gilt in Ruanda genauso wie in Deutschland. Sie ist nicht nur die Basis für das Leben jedes Einzelnen, sondern bildet die Grundlage für Frieden, Aufschwung und Entwicklung. Kranke Kinder können nicht spielen oder zur Schule gehen, Erwachsene nicht arbeiten oder für ihre Lieben sorgen. Mit einer öffentlichen Krankenversicherung hat Ruanda als einer der ersten afrikanischen Staaten ein Gesundheitssystem aufgebaut, dass allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglicht. Obwohl über 90% der Bevölkerung krankenversichert sind, ist die medizinische Betreuung regional sehr unterschiedlich. Außerhalb der Großstädte gibt es nur wenige Gesundheitszentren. Die Landbevölkerung wandert oft mehrere Stunden um die nächstgelegene Einrichtung aufzusuchen – im Akutfall ist dies beinahe unmöglich.

Bau einer Krankenstation

L'appel Deutschland errichtet eine Krankenstation im Dorf Kiruhura im Norden des Landes und sorgt so für eine flächendeckende, sichere medizinische Versorgung für ca. 13.500 Menschen in ihrer Umgebung. Wie bei allen Projekten setzen wir auch hier auf Eigenständigkeit. Die Planung des Baus findet in Zusammenarbeit mit der ruandischen Regierung und lokalen Partnern statt und richtet sich nach ruandischen Vorgaben. Dies gewährleistet eine nahtlose Eingliederung der Station in das Versorgungssystem des Landes. Die Einwohner aus den umliegenden Dörfern sind am Bau beteiligt und Regierung und Partnerorganisation verpflichten sich vertraglich zur Sicherung und langfristigen finanziellen Unterhaltung ihrer eigenen Einrichtung.

Mit dem Bau wird die gesundheitliche Versorgung in der Region zum ersten Mal sicher gewährleistet und damit die Infrastruktur der Umgebung nachhaltig gefördert. Im Sinne des Drei-Säulen Konzepts von L’appel, ergibt sich mit Projekten der weiteren Säulen eine zusammenhängende und umfassende Unterstützung der Bevölkerung und ihrer Bedürfnisse. Der Ausbau der regionalen Stromversorgung bereitet den Weg für Arbeit und bedarfsgerechte medizinische Betreuung – mit dem Bildungsprogramm des „Umgekehrten Generationenvertrags“ kann darüber hinaus der Bedarf an Fachkräften, z.B. Ärzten oder Elektrikern, durch die eigene Bevölkerung gedeckt werden. Dank des Ineinandergreifens unserer Projekte kann eine dauerhafte und eigenständige Verbesserung der medizinischen Versorgung auf allen Ebenen erreicht werden.

Aufgaben einer Krankenstation in Ruandas Gesundheitssystem

Ruandas Gesundheitssystem beruht auf Solidarität, Gleichheit und Vorsorge und ist damit dem deutschen System sehr ähnlich. Inzwischen sind mehr als 90% der Bevölkerung krankenversichert. Zu den häufigsten Todesursachen und Krankheitsbildern gehören Malaria, Tuberkulose, komplizierte Geburten und schwere Durchfallerkrankungen, obwohl diese leicht zu behandeln wären. Mittlerweile werden die meisten Frauen während der Schwangerschaft und der Geburt medizinisch betreut, wodurch die Müttersterblichkeitsrate stark gesunken ist. Die Kindersterblichkeit ist jedoch immer noch eine der höchsten weltweit – jedes fünfte Kind stirbt vor seinem fünften Geburtstag. Dank forcierter Aufklärungsarbeit konnte die Rate der HIV-Neuinfektionen stabilisiert werden, wer an AIDS erkrankt wird medikamentös versorgt. Dieser Fortschritt ist zum großen Teil der öffentlichen Krankenversicherung zu verdanken. Außerhalb der Großstädte übernehmen Krankenstationen die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung. Dort stationierte Krankenschwestern helfen bei Geburten, behandeln Durchfälle, Fieber, Malaria oder Lungenentzündungen solange sie können und werden hin und wieder durch einen Arzt unterstützt. In Ruanda kommt ein Arzt auf 18.000 Einwohner, in Deutschland beträgt die Rate zum Vergleich 1:330. In einer Krankenstation werden neben der ambulanten Grundversorgung und der Medikamentenausgabe zusätzlich Aufklärungskurse über Geschlechtskrankheiten, Hygiene, Familienplanung und andere Themen angeboten. Im Notfall können Patienten stationär aufgenommen oder im Ernstfall ins nächstgelegene Krankenhaus transportiert werden.